Tag auswählen

Highlights

Kalender



Samstag 17.03.12

15:20 Uhr

“Willis wilde Weiber“Shakespeare-Collage von Harald Helfrich, Isabella Leicht & Dorothee Jordan


Da geh ich hin!
Freunde einladen




Abendkasse k.A.

Beschreibung

Drei Frauen drehen mächtig auf. Diese Komödie ist frech, respektlos, höchst unterhaltsam, pfiffig - es soll kein Auge trocken bleiben. So ganz nebenbei (von wegen "Anonymus"): Hier wird enthüllt, wer Schäxpier wirklich war.

"Willis wilde Weiber waren wirklich wunderbar", urteilt das Publikum über das neue Stück des AuGuSTheater Neu-Ulm welches am 2. Weihnachtstag Premiere hatte. Offenbar eine schöne Bescherung fürs Publikum, lautete ein anderer Gästebucheintrag doch: "So macht W. S. (William Shakespeare) Freude. Danke!" Entsprechend groß war der Schlussapplaus der BesucherInnen im vollbesetzten Großen Haus im Theater an der Silcherstraße.

Turbulent kommt dieses vom Autorentrio Harald Helfrich, Isabella Leicht und Dorothée Jordan verfasste und erst vor einem Vierteljahr uraufgeführte Stück daher, ständig wechseln die drei Schauspielerinnen die Rollen - mal sind sie eine Frau oder auch ein Mann in einem Shakespeare-Drama, dann wieder leben sie ihr Leben als eine der drei Schauspielerinnen weiter, die sich erstmals auf der Probenbühne irgendeines Staatstheaters begegnen, um an einem neuen Stück zu proben.

Zunächst hat jede mit sich genug zu tun. "Molly" ist alleinerziehende Mutter und macht nach dreijähriger Spielpause einen neuen Anlauf, wobei sie jetzt kurz vor Probenbeginn noch den ganz alltäglichen Wahnsinn zu Hause vom Handy aus managen möchte. Gespielt wird diese "Molly" von AuGuST-Chefin Claudia Riese, der diese Facette des Schauspielerinnen-Dasein nur zu bekannt vorkommen müsste. Clarissa Hopfensitz, neu am AuGuSTheater, spielt die Theaterdramaturgin "Andrea", die theoretisch alles zu Shakespeare drauf, aber auch eine große Ambition hat, Darstellerin zu sein. Die Dritte im Bunde ist Kathrin Wolf, erste Absolventin der AdK-Ulm, die sich ans Theater Neu-Ulm beworben hat; sie ist die "Julia", die sich just für diese Staats-Theaterproduktion freigeboxt hat von der Dreharbeit zu "Julia. Liebe im Sturm" (wo sie die Titelrolle gibt).

Ins aufgeregte Durcheinander von Telefoniererei, stimmlicher Aufwärmarbeit und Aufmerksamkeit heischendem Imponiergehabe platzt die Ansage des Regisseurs: Die Probe fällt aus. Nur die Hauptdarstellerin der Lady Macbeth soll noch kurz bleiben. Ergebnis: Alle drei bleiben - und sind überrascht, pikiert und wollen es nicht wahrhaben. "Ich bin die Lady hier an diesem Haus. Ihr schafft es nie, ich bin die Lady und ihr Statisterie", singen alle drei im ersten von sechs Songs (einstudiert und am Klavier begleitet vom guten Hannes Kalbrecht).

Also: Zickenkrieg ist angesagt. Jede will den anderen klar machen, weshalb die eine Fehlbesetzung wären. Molly befragt sogar das Publikum.

Irgendwie aber sind Molly, Andrea und Julia dann doch Schauspielerinnen mit Profession, Spielratzen … Nun gezwungen, auf den Regisseur Uwe zu warten, ratschen sie aus ihrem Bühnenleben, erwähnen "Riesenerfolge", fangen nach Schauspielerart an, Zitate aus Rollen in den Smalltalk einzubauen und landen unversehens in einer Shakespeare-Szene, die dann genussvoll ausgeschmückt wird. Klar, dass auf einer Probenbühne keine opulente Ausstattung zu finden ist; es war ja nur eine Leseprobe angesetzt. Und Kostüme wie Requisiten sind Fehlanzeige. So hilft ein schwarzer Strumpf, aus Julia einen Othello zu machen, ein spitzer Schuh wird für Molly (als Richard II) ein Degen.

Dieses Muster hält sich bis zum Ende. Wird da die berühmte Balkonszene mit Romeo (Claudia Riese) und Julia (Kathrin Wolf) noch ernsthaft, berührend geboten, so ist ihr Abschluss schon ein Clou im unterhaltsamsten, aber auch frechen Sinne - da singt die Julia ihr lebenslustiges Credo "So ein Mann ist nur Gelegenheit auf Zeit". Richtig aufdrehen kann Claudia Riese als Molly, die den mörderischen Richard III. vorführt. Und am komödiantischsten ist ausgerechnet die Szene, in der King Lear seine drei Töchter im Stile aktueller Castingshows um ihren Anteil am Reich vortanzen lässt.

Schön eingeschmuggelt in all diese, die Realitätsebenen ständig wechselnden Spiele ist eine kleine, intelligente Facette: Molly, Andrea und Julia, entdecken, frei von Regie-Korsetts, in ihrem Spiel, wie fatal die Frauen bei Shakespeare wegkommen. Nicht nur, dass sie immer verhältnismäßig wenig Text, wenig zu spielen haben, nein, sie werden belogen, betrogen, ermordet oder zum Selbstmord getrieben, all die Julias, Desdemonas, Ophelias, auch Anne, auch Lady Macbeth - oder sie werden gebrochen wie die ursprünglich sehr widerspenstige Katharina.

Und am Ende wird unser Trio auch noch auf die Rolle genommen: Regisseur Uwe hat sie eine gute Stunde zappeln lassen und gibt dann bekannt, er habe sich für jemand anderes entschieden.

Was also in den klassischen Schinken des ollen Willi gang und gäbe war, passiert den drei taffen, modernen Frauen auf andere Weise wieder. Und das korrespondiert dem, was Frauen heute immer noch erfahren, in verstärkter Form gerade wieder in Ländern mit radikal-fundamentalistischen Männer-Bünden; aber auch in aufgeklärteren Gesellschaften ist längst nicht alles wirklich klar.

Molly, Andrea und Julia fassen deshalb an Ende einen Entschluss, sie nehmen ihr Schauspielerinnen-Schicksal selbst in die Hand.

Regisseur Heinz Koch, der froh war, angesichts dieser ständig durchscheinenden Frauen-Thematik Claudia Riese als Co-Regisseurin zur Seite gehabt zu haben, hofft denn auch, dass dieser Premierenerfolg einerseits genommen wird als das, was er ist: ein großer Theaterspaß, in dem die Schauspielerinnen ihre Möglichkeiten so wie sonst selten ausschöpfen können, vom ernsten, klassischen Fach bis zu richtig guter Comedy. "Andererseits sollte", so Koch, "dieser gesellschaftspolitische Hintergrund - keineswegs penetrant, aber doch merkbar - zu erspüren sein."


Veranstaltungsort

AuGuS-Theater Neu-Ulm

Hermann-Köhl-Straße 1 - 5
89231 Neu-Ulm

Lageplan


0 Kommentare



Passwort / Benutzername vergessen? // Jetzt registrieren
Kleinstadthelden JastramNice Society